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Amorous Gerenuk

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Sorry, but this fairy tale is only available in German:


Das Wunderkrüglein

Ein nicht allzu ernstes Märchen

 

Es war einmal eine hübsche Gazelle, welche ein kleines Häuslein jenseits der großen Einöde bewohnte. Ein jeder konnte sehen, welch wohlhabenden Geschlechtes sie war, besaß sie doch nicht nur die edelsten Gewänder und die feinsten Tücher, die man sich nur denken mochte, auch die kostbarsten Schmuckstücke, die prachtvollsten Ketten und die schwersten Halsreife von purem Gold pflegte sie mit Stolz zu tragen. Wenngleich ihr das manch einer neidete, so war sie doch eine ganz außerordentlich hübsche Gazelle. Doch war sie auch in höchstem Maße eitel, so dass sie überall im Hause Spiegel hatte aufstellen lassen, um sich in ihnen anzuschauen, wann immer ihr danach war. Und damit auch andere ihre Anmut sahen, setzte sie sich alle Tage fein zurechtgemacht und mit hübsch glänzenden Hufen in ihr Vorgärtchen, mochte die Hitze oftmals auch eine Plage sein. Schönheit muss leiden, sagte sich die Gazelle, und so schnürte sie sich derart arg, dass man fast meinen konnte, sie breche jeden Augenblick inmitten entzwei. Auch pflegte sie ihr schweres Geschmeide unentwegt zu tragen, damit ihr der kostbare Schmuck nicht etwa über Nacht abhandenkam. Ferner besaß die Gazelle in ihrem Hause einen ganz besonderen Schatz, von welchem sie indes keinem erzählte. Dies war ein Krüglein mit Sirup von unvergleichlicher Süße, welches ihr einst die Mutter mit auf den Weg gegeben hatte. Allerdings war es kein gewöhnlicher Sirup, denn wer immer davon aß, der würde bei der Gazelle bleiben bis ans Ende seiner Tage. Zwar bewohnte die Gazelle ihr kleines Häuslein ganz für sich allein und sehnte sich oftmals nach etwas Gesellschaft an den Abenden, doch war ihr in all den Zeiten noch kein einziger Mann untergekommen, welchen sie als würdig genug befunden hatte, ihn aus dem Wunderkrüglein essen zu lassen. Nun trug es sich allerdings zu, dass eines Tages ein hochmütiger Gockel die Gegend bereiste, welcher die hübsche Gazelle vor ihrem Hause in der Sonne sitzen sah und sogleich um sie zu freien gedachte. Da der Gockel überdies recht vermögend erschien, war auch die Gazelle von ihm in höchstem Maße angetan und bat ihn in ihr Häuslein hinein. Und nachdem man sich geeinigt hatte, beschloss die Gazelle, ihm etwas von dem süßen Sirup aus dem Wunderkrüglein darzubieten. Dies mundete dem Gockel ganz vortrefflich, alsbald wurde Hochzeit gehalten und die beiden wurden ein Paar. Nun stellte sich indes wenige Tage darauf heraus, dass der Gockel beileibe nicht so wohlhabend war, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Überdies war er dem Glücksspiel sehr zugetan und hatte bald sein gesamtes Vermögen aufgebraucht. Doch weil die Gazelle ihm weiterhin gewogen war, half sie ihm immer wieder gern in seiner Not. Das Glück war ihnen indes nicht hold, und irgendwann waren die beiden so arm, dass die Gazelle schweren Herzens nach und nach all ihren Schmuck ablegen und verkaufen musste. Ohne ihn fühlte sie sich ungewohnt bloß, und überdies hatte das stetige Tragen des schweren Geschmeides ihrem einst so hübschen Hals so arg zugesetzt, dass die Gazelle den Leuten nicht mehr unter die Augen zu treten wagte und fürderhin sämtliche Besorgungen dem Gockel überließ. Doch die Not wurde nur noch bitterer, denn der Gockel hielt dem Glücksspiel weiterhin die Treue. Und weil er, wie sich schließlich zeigte, in allerlei unlautere Machenschaften verwickelt war, endete er bald darauf im Kerker, wo er elend verschmachtete. Arm, allein und schmucklos blieb indes die Gazelle zurück. Doch hatte sie noch immer ihre schönen Gewänder, so dass sie sich irgendwann wieder aus dem Hause wagte. Um die Male ihres Halses zu bedecken, pflegte sie feine Tücher zu tragen, und so war sie noch immer eine ganz außerordentlich hübsche Gazelle. Nun trug es sich allerdings zu, dass in jenen Zeiten ein wohlbeleibter Eber die Gegend bereiste, welcher die hübsche Gazelle vor ihrem Hause in der Sonne sitzen sah und sogleich um sie zu freien gedachte. Der Eber war ein ausnehmend stattlicher Mann, und obgleich ihm ein gewisser Geruch anhaftete, war die Gazelle von ihm so angetan, so dass sie ihn gern in ihr Häuslein hineinbat. Nachdem man sich geeinigt hatte, beschloss die Gazelle, den Eber für einige Zeit in ihrem Hause ein und aus gehen lassen, um ihn auf seine Eignung als künftigen Ehemann zu prüfen. Und weil die Gazelle nun etwas vorsichtiger geworden war, verriet sie ihm nichts von dem Wunderkrüglein. Eines Tages wollte die Gazelle indes einige Besorgungen tun und ließ den Eber allein im Hause zurück, worauf dieser überall herumstöberte und auf das Krüglein stieß. Er glaubte wohl, darin befinde sich noch etwas Hirsebrei vom Vortag, doch fand er etwas viel Besseres vor, worauf er das Krüglein ganz und gar ausleerte. Ach, wie erschrak die Gazelle, als sie bei ihrer Wiederkehr das ausgeleerte und umgeworfene Krüglein sah! Überdies hatte der Eber beschlossen, sich mit der Gazelle zu vermählen und duldete keinerlei Widerworte. Tags darauf wurde Hochzeit gehalten, und es zeigte sich bald, dass der Eber ein rechter Tunichtgut und Trunkenbold war, welcher sein aufbrausendes Gemüt kaum im Zaume zu halten vermochte, so dass die Gazelle seinetwegen viele bittere Tränen vergoss. Wenn er in später Nacht von seinen Zechgelagen heimkam oder ihm irgendwas in die Quere kam, schlug und prügelte er die Gazelle, bis ihre einst so schönen Gewänder irgendwann sämtlich zerrissen und all die Spiegel im Hause zerbrochen waren. Sieben Jahre lang ertrug sie diese schreckliche Pein, wobei der Eber sie einige Male beinah totschlug, doch irgendwann kehrte er von einem seiner Zechgelage nicht mehr zurück. Es stellte sich heraus, dass der Eber in später Nacht sturzbetrunken in einen Brunnen gefallen und jämmerlich ersoffen war. Arm, allein, zerschunden und zerlumpt blieb indes die Gazelle zurück. Die Leute, welche sie sahen, meinten boshaft, sie habe sich ihrer Männer entledigt, um an deren Vermögen zu gelangen. Indes litt sie bittere Armut und niemand vermochte ihr noch anzusehen, aus welch wohlhabendem Geschlecht sie einst gekommen war. Überdies hatte die Gazelle beschlossen, dass ihr sämtliche Männer fürderhin einerlei seien, und auch das nunmehr leere Wunderkrüglein mochte sie nicht mehr sehen und hatte es vorsorglich im hintersten Winkel ihres Hauses versteckt. Als die Schwermut am ärgsten war und die Feigen in ihrem Gärtchen gerade zu reifen begannen, gewahrte die Gazelle einen Heuschreck, welcher gemächlich auf dem Gartenmäuerchen dahinschritt und auf seiner Violine eine solch heitere Weise spielte, dass sie beinah all ihren Kummer darüber vergaß und ihm zum Dank eine Feige gab. Tags darauf erschien der Heuschreck erneut und erfreute die Gazelle so sehr mit seinem Spiel, dass diese sich gar nach alter Gewohnheit wieder in ihr Vorgärtchen setzte und den heiteren Weisen lauschte. Und wieder erhielt er zum Dank eine Feige. Von jenem Tag an besuchte der Heuschreck die Gazelle täglich und durfte schließlich in ihrem Hause ein und aus gehen. Und weil alle Tage irgendwo im Lande Belustigungen im Gange waren, verdiente der Heuschreck als Spielmann gutes Geld und brachte manches Goldstück herbei.  Bald schon war ein kleines Vermögen zusammengekommen, und mit der Zeit wurden die beiden so wohlhabend, dass die Gazelle irgendwann wieder edle Gewänder, feine Tücher und kostbare Schmuckstücke tragen konnte. Allerdings pflegte sie das Geschmeide nur noch bei Tage anzulegen und schnürte sich auch nicht mehr so arg wie einst. Die Leute indes neideten es der Gazelle, weil sie es zustande brachte, nach ihrer Armut erneut in stolzer Schönheit zu erstrahlen. Überdies empörten sie sich darüber, dass neuerlich ein Mann in ihrem Hause ein und aus zu gehen pflegte, welcher derart klein von Wuchs und obendrein Spielmann war. Doch der Gazelle war derartiges Geschwätz gänzlich einerlei, denn der Heuschreck half ihr überall im Hause, war rege und bescheiden, und wenn der Tag zu Ende ging und sich die Gazelle ihres schweren Geschmeides entledigte, salbte er gar ihre Male mit Rosenöl. Überdies verstand er ihre Hufe auf das Feinste zu bürsten, wann immer die Gazelle danach verlangte. Allerdings sprach er kein einziges Mal davon, sie einmal zum Weibe zu nehmen, und die Gazelle hatte große Angst, solch einen guten Mann zu verlieren. Sie bedauerte es zutiefst, nichts mehr von dem wunderbaren Sirup im Hause zu haben. Eines Tages wollte die Gazelle indes einige Besorgungen tun und ließ den Heuschreck allein im Hause zurück, worauf dieser beim Fegen in einem dunklen Winkel das Krüglein entdeckte, welches einst den wunderbaren Sirup enthalten hatte und dem noch immer ein süßer Duft entströmte. Und so geschah es, dass der Heuschreck in das Krüglein hineinkroch und darin fürwahr einen kargen Rest des wunderbaren Sirups vorfand, mit welchem er indes untrennbar verklebte. Er zeterte gar laut in seiner Not, aber was halfs, schließlich fiel er in Ohnmacht und regte sich nicht mehr. Ach, wie erschrak die Gazelle, als sie bei ihrer Wiederkehr die Beine des Heuschrecks aus dem umgeworfenen Wunderkrüglein ragen sah. Sie weinte gar bitterlich, während sie behutsam versuchte, den Heuschreck aus dem Krüglein hervorzuholen. Dabei geschah es wohl, dass einige ihrer Tränen in das Krüglein hineinrannen und den klebrigen Sirup ein wenig aufweichten, worauf sie den Heuschreck schließlich freibekam. Als dieser nun reglos vor ihr lag, hub sie erneut zu klagen und zu jammern an, so dass sie gar nicht gleich gewahrte, dass sich der Heuschreck wieder zu regen begann und sich die klebrigen Reste des Sirups von den Beinen leckte. Groß war Freude der Gazelle, als sie ihn schließlich wohlauf vor sich sah, worauf der Heuschreck sich verneigte und sprach, dass es ihm wohl die größte Ehre sei, solch eine kluge Frau wie sie zur künftigen Ehefrau zu nehmen. Und weil die beiden nach all der Zeit recht vermögend geworden waren, konnte eine prachtvolle Hochzeit gehalten werden, zu welcher man sich von nah und fern einfand, zumal für reichlich Frohsinn, Speis und Trank gesorgt war. Von jenem Tage an hatten die Leute große Achtung vor der Gazelle und dem Heuschreck, zogen ehrerbietig ihren Hut und verneigten sich, wann immer sie der edlen Dame und dem Spielmann begegneten, denn das glückliche Paar hatte sie gelehrt, dass wahrhaftige Liebe alle Ungleichheit zu überwinden vermag. Fürwahr liebten die Gazelle und der Heuschreck einander aufrichtig und von ganzem Herzen, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute gemeinsam in ihrem kleinen Häuslein jenseits der großen Einöde.

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